Erst kürzlich hat die Kiosk-Betreiberin Valora in der Schweiz ihr neues Angebot «zer000.ch» lanciert. Dabei können Kunden laut Eigenwerbung ein «iPhone Xr ab CHF 0.63 am Tag» ihr Eigen nennen. Möglich macht dies ein Kredit zu einem Zinssatz von 0%, der von der Valora-Tochter «bob Finance» herausgegeben wird.
Und eigentlich tönt es verlockend: iPhone auswählen, Bonitätsprüfung bestehen und das brandneue iPhone in übersichtlichen Raten über die nächsten 36 Monate abzahlen. Doch für wen lohnt sich das Angebot? Und wo ist der Haken? Viele Medien haben die News denn auch umgehend aufgenommen und über das Angebot berichtet, wir sind erstmal kritisch geblieben.
Wir bei «Techgarage» sind ja nicht nur grosse Gadget-Fans, sondern auch unternehmerisch tätig und überlegen uns deshalb immer gut, wo wir unser Geld am sinnvollsten investieren. Deshalb hier unsere umfangreiche Analyse des «Zer000»-Angebots.

Die Basics: Was genau ist nochmal ein Kredit?
Wenn du von jemandem Geld leihst, um dir davon Dinge zu kaufen, nennt man das Kredit. Die Person oder Organisation, die dir das Geld ausleiht, wird meistens davon profitieren wollen, dass sie dir ihr Geld eine Zeitlang überlässt. Das nennt man dann den Zins, und hier gibt es grosse Unterschiede.
Leihst du dir Geld in Form eines Privatkredits wie zum Beispiel bei der «Migrosbank», verlangt die einen Jahreszins von ab 4,7 Prozent. Das heisst, wenn du heute 1’000 Franken aufnimmst und versprichst, es in einem Jahr zurückzuzahlen, will Migrosbank die 1’000 Franken plus 47 Franken zusätzlich.
Verfügst du über eine Kreditkarte und zahlst den Betrag, den du damit ausgegeben hast, nicht pünktlich jeden Monat vollständig zurück (sogenannte «Teilzahlung»), verrechnet dir der Kartenherausgeber einen Zins von stolzen 10 bis 15 Prozent – die einen mehr, die anderen weniger. Will heissen: Nach einem Jahr schuldest du deinem Kreditgeber hier 1’150 statt nur 1’000 Franken.
Anders ist es nun beim erwähnten Valora-Deal: Für die 1’079 Franken, die «bob» dir für ein iPhone XS für drei Jahre vorschiesst, will der Anbieter keinen Rappen zusätzlich haben. Du kriegst eigentlich also gratis Geld. Warum sind sie so grosszügig?
Der 0%-Kredit fürs iPhone: Wo ist der Haken?
Wir haben uns den «zer000.ch»-Deal und die AGB (Geschäftsbedingungen) genau durchgeschaut. Hier ist, was uns ins Auge gestochen ist:
Ratenzahlung: Pro und Contra
Die Aufstückelung eines iPhone-Kaufpreises auf drei Jahre oder 36 Monatsraten bedeutet, dass eine einzelne Monatsrate tief bleibt und für die meisten erwerbstätigen Menschen in der Schweiz ohne Probleme zu bezahlen sein sollte. Das «iPhone Xr» mit gutem Preis/Leistungsverhältnis beispielsweise würde in der günstigsten Ausführung 19.40 Franken pro Monat kosten. Das sparst du nur schon ein, wenn du dreimal pro Monat weniger oft einen Kaffee bei «Starbucks» trinken gehst.
Andererseits bist du mit dem Angebot auch drei Jahre an Zahlungen für das iPhone gebunden, das du ausgewählt hast. Bedenke deshalb…
Die Auswahl an iPhones
Die Auswahl der Modelle, die für dieses Angebot zur Verfügung stehen, reichen vom iPhone 7, das 2016 erschienen ist, bis zum fast aktuellen iPhone XS von 2018. Wenn du heute dieses Angebot für das iPhone 7 abschliessen würdest, würdest du «bob» bis Ende 2022 für dieses iPhone bezahlen: Dann wäre dein iPhone 7 stolze sechs Jahre alt.
Dagegen spricht eigentlich auch gar nichts, denn Apple zeigt sich gemäss einer Statistik von «MacTechNews» als «Musterknabe» in Sachen Updates: Auch sechsjährige iPhones werden von Apple noch regelmässig mit Sicherheits-Updates versorgt. Die Support-Zeitdauer hat dabei mit jeder lancierten iPhone-Variante zugenommen.
Das neueste Modell im Angebot ist das iPhone XS, wobei die populäre «Max»-Variante gar nicht verfügbar ist. Ebenfalls vergebens sucht man die diesjährigen Modelle iPhone 11, iPhone 11 Pro und iPhone 11 Pro Max. Hier wäre ein erweitertes Angebot an neueren iPhone-Modellen sehr wünschenswert – wobei es scheint, als wäre die Frage hier eher «wann» und nicht «ob».

Die Kosten der iPhones bei «zer000.ch» im Vergleich
Nehmen wir das iPhone Xr in schwarz mit 64 Gigabyte Speicher als Beispiel: Valora verlangt für das Gerät 699.- Franken – genau wie bei Apple selber – während es bei Digitec 649.- kostet, bei Microspot 652.- und bei Brack 699.- Franken. Würdest du dein iPhone Xr also bei einem anderen Anbieter kaufen, hättest du hier bereits 50.- Franken (rund 9%) eingespart.
Was, wenn ich vorher aussteigen will?
Es kann immer vorkommen, dass man seine Finanzen besser in den Griff kriegen will, sein Budget umstellt oder andere Prioritäten setzt. Wer sich nicht über die ganzen drei Jahre ans Valora-Angebot binden will, kann den Kredit auch jederzeit frühzeitig zurückzahlen – so steht es im Kleingedruckten («jederzeit rückzahlbar»). Da du das iPhone nicht mietest (Leasing) sondern auf Raten kaufst, hast du auch die Möglichkeit, es selber zu verkaufen und damit den Restbetrag deines Kredits bei «bob» zurückzuzahlen. Ziehst du die drei Jahre oder 36 Raten durch, gehört das iPhone dir, denn du hast es gänzlich abgezahlt.
Der Valora-Deal im Vergleich zu anderen Kauf-Möglichkeiten
Direkt vom Mobil-Abo-Anbieter
Wer sein Smartphone nicht nur zu Hause im eigenen WiFi-Netzwerk nutzen will, braucht ein Mobil-Abo dazu, wie Sunrise, Salt, Swisscom, UPC oder andere es anbieten. Doch vorbei sind die Zeiten, wo man mit einem Mobil-Abo ein Smartphone fast geschenkt erhielt. Heutzutage werden Abo und Handy viel öfter getrennt angeboten. Einige Telekom-Anbieter – wie beispielsweise die Swisscom – bieten zu den Abos oft auch einen Null-Prozent-Kredit für den Kauf eines Smartphones an. Hier lohnt es sich, zu vergleichen, ob du das gleiche Smartphone nicht günstiger von deinem Abo-Anbieter beziehen kannst.
Kauf per Privatkredit
Auch Privatkredite locken in ihrer Werbung mit schnellem Geld für Konsumgüter. Aufgepasst: Hier fallen Zinsen an. Kaufst du dir dein iPhone Xr aus dem Vergleich oben mit einem regulären Privatkredit (Migrosbank, 4,7% Jahreszins), liegt die Monatsrate bei 20.82 statt 19.40 Franken und bis Abschluss der drei Jahre / 36 Raten hast du insgesamt 50.70 Franken für den Zins gezahlt – also 749.70 insgesamt für das iPhone Xr.
(Selber nachrechnen kannst du das hier beim Online-Zinsrechner)
Kauf per Kreditkarte
Wie schnell ist die Kreditkarte gezückt, um teure Anschaffungen zu bezahlen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Zahlst du das Geld nicht komplett bis Ende Monat zurück, kommt dich dein iPhone Xr sehr teuer zu stehen. Würdest du dein iPhone per Kreditkarte in 36 Monatsraten abstottern und gehen wir von einem mittleren Zins von 12,5 Prozent aus, zahlst du monatlich 23.16 statt 19.40 Franken und bis Abschluss der drei Jahre / 36 Raten hast du insgesamt 134.84 Franken für den Zins gezahlt – also 833.84 insgesamt für das iPhone Xr.

Unser Tipp: Bezahle dein iPhone nicht mit der Kreditkarte – von dem Kosten-Unterschied kannst du dir fast schon ein neues paar AirPods kaufen.
Kauf mit deinem eigenen Geld
Und dann gibt’s da natürlich die Konsumenten, die der Meinung sind: «Ich kaufe nur, was ich mir selber leisten und sofort bezahlen kann». Klar: Für dein eigenes Geld kriegst du auf dem Bankkonto mittlerweile keine Zinsen mehr. Warum nicht ausgeben? Genau wie beim «bob»-Kredit fallen dir hier keine direkten Zinsen an, beachte jedoch, ob du dein eigenes Geld nicht woanders gewinnbringender investieren kannst.
Es muss nicht gleich Bitcoin sein – aber wir sind grosse Fans davon, unser Geld für uns arbeiten zu lassen. Sei das in Anlagen oder in Investitionen in kleine Betriebe und Start-Ups. Die Rendite, die du mit deinem Geld erzielen kannst, wenn du es in dein eigenes Hobby-Unternehmen oder in den wachsenden Online-Store deiner Cousine investierst, kann schnell mal im zweistelligen Prozentbetrag liegen. Statt dein wertvolles Geld also in ein «Depreciating Asset» – also ein Gut, das an Wert abnimmt, wie ein Smartphone oder ein Auto – zu investieren, kannst du mit deinem eigenen Geld eventuell besser haushalten.
Was du beim Gratis-Kredit unbedingt beachten musst
Teuer wird der Gratis-Kredit dann, wenn du es verpasst, eine Rate zu bezahlen. Dann verlangt die Valora nämlich für die erste Mahnung bereits 15 Franken, für weitere Erinnerungen gar den doppelten Betrag. Wir empfehlen deshalb ausdrücklich, keine Rate zu «vergessen». Richte dir dafür am besten einen fixen Dauerauftrag im E-Banking ein. Wirst du fürs Nichtbezahlen abgestraft, ist der ganze schöne Kostenvorteil sofort dahin.
Weitere Vorteile: Garantie und gratis Apple-Abos
Wie in der Schweiz üblich, sind die iPhones, die über das Valora-Angebot gekauft werden, mit einer zweijährigen Garantie versehen. Auch hier keine Überraschungen.
Für einige Nutzer könnte zusätzlich noch attraktiv sein, dass im Kredit-Angebot das «Apple-Music»-Abo die ersten 90 Tage kostenlos genutzt werden kann, so wie auch der ab November verfügbare Streamingdienst Apple TV+ für ein ganzes Jahr inkludiert ist. Bedenke dabei aber, die Abos noch innerhalb der Gratis-Nutzungsdauer zu kündigen, damit du nicht nach Ablauf der Test-Zeit plötzlich einen neuen monatlichen Kostentreiber hast.
Fazit: Würden wir das Valora-iPhone-Angebot nutzen?
Smartphones sind aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Wir bei «Techgarage» nutzen diese kompakten Wunder der Technik, um Notizen, Fotos und Filme zu machen, um mit Freunden und Kunden zu kommunizieren oder den Weg zum nächsten Termin zu finden. Smartphones sind ein unglaubliches Werkzeug, um unsere Produktivität zu steigern. Deshalb sollte jede/r eines besitzen. Dass man mit dem «Valora»-Angebot eine der besten Smartphone-Reihen überhaupt, das iPhone von apple, so gefahrlos sein Eigen nennen kann, ist eine tolle Chance.
Der einzige Wermutstropfen ist, dass die aktuellsten iPhone-Modelle in diesem Angebot noch nicht verfügbar sind. Wer unbedingt ein iPhone 11, iPhone 11 Pro oder iPhone 11 Max will, muss sich zum jetztigen Zeitpunkt noch woanders umschauen.
Für mich persönlich ist das Fehlen der aktuellsten iPhone-Modelle der eigentliche «Dealbraker» hier. Wenn, dann würde ich für die kommenden drei Jahre auf das neueste Modell setzen wollen. Dann aber würde ich das Angebot von Valora und «bob» auch für mich nutzen: Zumindest finanziell macht es durchaus Sinn.