Honda ist richtig stolz auf seinen neuen Honda e – den elektrischen Stadtflitzer, der im Juni bei uns in Europa auf den Markt kommt. So stolz, dass der japanische Autohersteller darauf bestanden hat, «Techgarage» für eine Testfahrt in die spanische Küstenstadt Valencia einzuladen.
Wir haben also kurzerhand das stürmische Februarwetter in der Schweiz gegen einen Tag an der Sonne – und im brandneuen Honda e – eingetauscht. Hier nun ein Bericht über unsere ersten Kilometer im ersten reinen Elektroauto von Honda.
Testfahrt im Honda e: Das «Techgarage» Video-Review
Valencia: Sommer-Feeling bereits im Februar
Tag eins, Mittag: Ich schnappe mir meinen Koffer vom Gepäckband am Flughafen Valencia, werde in der Ankunftshalle von einer freundlichen Honda-Mitarbeiterin begrüsst, unterschreibe die üblichen Dokumente für Presse-Testfahrten und sitze drei Minuten später bereits in meinem Auto. Nein, noch ist nicht Zeit für den Honda e, ich werde meine Fahrt vom Flughafen zum Hotel im Hybridmodell «CR-V» antreten.
So banne ich mir meinen Weg durch die Strassen von Valencia: Palmen säumen den Strassenrand, die Sonne scheint bei 17 Grad – warum kann Februar nicht immer so sein?
Der CR-V gehört zur Gruppe der «elektrifizierten» Modelle von Honda. Das heisst, neben einem Verbrennermotor ist mindestens noch ein weiterer, alternativer Antrieb am Werk. Im Falle des CR-V ist dies ein Elektromotor, der die Vorderachse antreibt, gepaart mit einem Mini-Akku für den Stop-and-Go-Verkehr. Ein Elektroauto «light» sozusagen. Honda plant, bis 2022 all seine Hauptmodelle in Europa auf die eine oder andere Art elektrifiziert zu haben.
Am Hotel angekommen, checke ich ein und habe vor dem offiziellen Teil des Events gerade noch Zeit, um schnell an den Strand zu gehen und ein, zwei Drohnenaufnahmen der Promenade zu machen.
Dann geht’s auch schon für die erste Präsentation zurück ins Hotel: Tomofumi Ichinose, Chefentwickler des Honda e in Japan begrüsst die Schweizer Journalistengruppe. Von Ichinose-San erhalten wir eine Erklärung, wie und warum der Honda e entstanden ist.
Kurz zusammengefasst: Honda vereint seine Expertisen in den Feldern von Mobilität, Energie und Robotik in einem Konzept, das sich «Honda e: Technology» nennt. Daraus soll eine Vielzahl von Fahrzeugmodellen entstehen, das erste Aushängeschild ist nun der Honda e, den wir seit zwei Jahren erwarten und nun endlich selber test fahren dürfen.
Testfahrt mit dem Honda e: Durch die Stadt, über die Autobahn und auf Landstrassen
Tag zwei, morgens: Honda übergibt mir meinen Testwagen um 08:30 Uhr mit einem Akku-Ladestand von 99% und berechneten 168 Kilometern verbleibender Reichweite bei 15 Grad Aussentemperatur.
Für die Testfahrt in und um Valencia haben die Organisatoren eine abwechslungsreiche Strecke zusammengestellt: Von Stadtverkehr über Autobahn bis hin zu kurvigen Landstrassen war alles dabei. Die Route führte mich in westliche Richtung aus Valencia heraus, quer durch die wunderschön leuchtenden Orangenplantagen um Montserrat und dann weiter südlich durch den Albufera-Nationalpark bei El Saler. Und ich muss sagen: Der Honda e hat dabei einen richtig guten ersten Eindruck gemacht.
Denn Fahren mit dem Honda e macht einfach Spass: Nichts schlägt das Gefühl der flinken und linearen Beschleunigung aus dem Stand, wie Elektroautos sie bieten. Es muss nicht gleich Teslas «Ludicrous Mode» sein: Aber diese nahtlose und fast lautlose Beschleunigung bringt für mich eine Menge Freude ins sonst so öde Autofahren.
Unbedingt ausprobieren sollte man übrigens die Einzelpedalsteuerung: Hierbei rekuperiert der Honda e sehr aggressiv Energie, sobald das Beschleunigungspedal nicht mehr gedrückt wird. Dies bedeutet, dass auch die Bremse kaum mehr betätigt werden muss und so ohne grosse Pedal-Wechsel gefahren werden kann. Ich habe mich sofort an diesen Modus gewönt und finde diese responsive Fahrweise sehr intuitiv.
Und so reiht sich der Honda e flink in den Stadtverkehr ein, ist beim Beschleunigen auf die Autobahn dank eines Motor-Drehmoments von 315 kW rasch auf Reisegeschwindigkeit und steuert sich wendig über kurvige Landstrassen. Ein Auto für alle Fälle – wenn die Reise denn nicht allzu lange dauert. Denn obwohl am Interieur nichts auszusetzen ist: Eine Luxus-Limousine fürs stundenlange Cruisen ist der kleine Elektroflitzer dann doch nicht.
Fahrassistenz-Systeme: Besser als von Honda (nicht) beworben
Dafür, dass Honda seine Fahrassistenzsysteme im Honda e nicht aktiv anpreist, sind sie erstaunlich verlässlich. Der Hersteller nennt sein System «Honda Sensing» und implementiert es in ähnlicher Form in diversen Modellen. Bei meiner Testfahrt im Honda e haben mich auf der Autobahn besonders der adaptive Tempomat und der Spurhalteassistent positiv überrascht. Einen Tempomaten mit Distanzhalter zum vorausfahrenden Auto finde ich sowieso ein essentielles Feature – wie viele Auffahrunfälle konnten dadurch bereits vermieden werden.
Der Spurhalteassistent lenkt in weiten Kurven verlässlich mit, verlangt aber nach einigen Sekunden zumindest eine kleine Krafteinwirkung des Fahrers aufs Lenkrad. Auch Verkehrsschilder liest der Honda e fleissig mit, auch wenn er die aktuelle Geschwindigkeitslimite nicht immer ganz zuverlässig wiedergibt.
Für die Stadt gemacht: Parkassistent und Wenderadius
Zwei Features des Honda e werden jeden Stadtfahrer zum grössten Fan des Mini-Autos machen. Zum einen ist da der Wenderadius, der wirklich extrem eng ist: Das Auto kann auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern einen vollständigen Kreis fahren. Und Wendigkeit ist in städtischen Strassen und engen Parkgaragen Trumpf.
Und dann ist da der Einparkassistent «Honda Parking Pilot», der nicht nur mögliche Parkfelder erkennt, sondern das Fahrzeug auch gleich selber seitwärts, schräg oder rückwärts einparken kann – ganz ohne Zutun des Fahrers. Das eindrückliche Manöver kommt im Video noch besser zur Geltung. Ein weiterer Pluspunkt: Die vier Kameras und 12 Sonarsensoren, die rund um den Honda e verbaut sind, kann ich jederzeit manuell auf einen meiner Bildschirme zuschalten. Dies erlaubt mir aus dem Fahrersitz eine hervorragende Rundumsicht.
Honda e: Effizienz und Reichweite
Drei Stunden und 109 gefahrene Kilometer später habe ich meinen Honda e mit 24% Ladung und 41 Kilometern verbleibender Reichweite am Etappenziel geparkt.
Dabei zeigt der Bordcomputer einen mittleren Verbrauch von 19,7 kWh/100km oder 197 Wh/km an. Oder anders: Aus 222 WLTP- und 168 realistischen Kilometern Reichweite bei Voll-Ladung sind rund 150 km geworden – dabei war die Fahrweise zwar zügig, aber doch realistisch für einen Einsatz im Alltag (Stadt / Land / Autobahn).
Ein Vergleich über die Markengrenzen hinweg: Mein Tesla Model S hat im Mittel (über 4 Jahre) 21,2 kWh/100 km oder 212 Wh/km verbraucht. Das sind gegenüber dem Honda e 7,5% mehr Verbrauch für einen Fünf- bis Siebensitzer mit grosszügigem Passagier- und Stauraum und deutlich mehr Leistung und Gewicht. Ob Honda hier wirklich bereits das Optimum an Effizienz herausgeholt hat, wird sich wohl in Langzeit-Tests zeigen.
Aufgeladen habe ich den Honda e im Anschluss an einer CCS2-Schnellade-Station, die den Akku mit 50 Kilowatt (kW) Gleichstrom versorgt hat – die schnellstmögliche Ladevariante. In einer halben Stunde war die Batterie wieder voll (24 – 99 %). Und wie bereits im vorherigen Artikel erwähnt: Auch eine Aufladung über AC-Ladelösungen (Typ2) oder gar die heimische Steckdose ist möglich, dauert dann allerdings entsprechend länger: Vier Stunden mit Typ2, acht an einer 230-Volt-Steckdose.
Was wir noch nicht testen konnten: Honda-App und Lebensdauer der Batterie
Da an diesem Tag das Fahren im Fokus stand, bin ich noch gar nicht dazu gekommen, die «My Honda +»-App zu installieren und mein Auto damit zu steuern. Dabei weist die App einige tolle Features auf, wie wir im Artikel zu den besten Features bereits vorgestellt haben.
Besonders interessiert mich auch die nützliche Lebensdauer des Honda e. Der Akku wird durch eine Wasserkühlung temperiert, um grössere Temperatur-Schwankungen zu vermeiden. Doch bei einem Akku, der von Haus auf eine kleine Kapazität hat, würde jede Abnahme in der Reichweite schmerzen.
Tesla macht’s vor und ist auf dem Weg zu einer fast unglaublichen Lebensdauer für Elektroauto-Batterien, während andere Hersteller wie Nissan mit seinem Leaf das Schlusslicht in Sachen Lebensdauer bildet. Hoffentlich kann Honda hier langfristig gute Werte vorlegen – immerhin gibt Honda eine Garantie auf bis zu acht Jahre oder 180’000 Kilometer Laufleistung.
Fazit: Ein brillanter Botschafter für die E-Mobilität
Mein Fazit nach einem Tag und über 100 Kilometern im kleinen Stromer: Der Honda e ist ein neuer Standard für Elektroautos. Mal abgesehen von den Tesla-Modellen, die in einer ganz eigenen Liga spielen.
Ja, die Reichweite ist eingeschränkt. Doch der kleine Akku hat auch den Vorteil, dass er an DC-Ladesäulen schnell wieder geladen ist.
Das Fahren im Honda e macht einfach nur Spass, weil das kompakte Kerlchen so wendig über die Strasse flitzt. Und die elektronischen «Gadgets» wie die Konnektivität und die eingebauten Assistenten passen perfekt zur Generation Smartphone. Hier wurde ein Elektroauto nicht nur als Alibiübung konzipiert – man merkt: Honda hat in dieses Modell viel Herzblut und eine Menge guter Ideen verbaut.
Mit seinem ersten reinen Elektroauto zielt Honda auf eine junggebliebene, kaufkräftige und urbane Schicht. Uns bei «Techgarage» haben die Japaner damit überzeugt. Ich meine: In welchem Auto kann ich sonst eine Runde «Mario Kart» auf meiner Nintendo Switch spielen?
Der Honda e ist verspielt, elegant und nützlich zugleich: Das macht ihn zum brillanten Botschafter für die Elektromobilität. Und ich kann’s kaum erwarten, bald schon wieder eine Runde darin zu drehen – egal ob am Lenkrad oder vor den Screens am Switch-Controller.