Die Flotte an Tesla-Fahrzeugen auf der Strasse wächst – nicht nur in der Schweiz, auch weltweit wächst die Elektroauto-Marke rasant, und dies nicht zuletzt dank des Bestsellers «Model 3». Das wird jeweils auch an den Veranstaltungen ersichtlich, bei denen sich alles um Elektromobilität dreht.
Jedes Jahr hält beispielsweise der «Schweizer Tesla Owner’s Club» (STOC) einen Winter-Event ab. Und jedes Jahr wächst nicht nur das Publikum, auch die ausgestellten Elektrofahrzeuge bilden einen immer umfassenderen Fuhrpark.
Dieses Jahr erwartete die Besucher ein besonderer E-Leckerbissen: Der diesen September vorgestellte Porsche Taycan. Doch nicht nur Porsche ist mit seinem rein elektrischen Auto vor Ort: Auch die neuesten E-Modelle von Audi (E-Tron), VW (e-Golf) und Mercedes (EQC) stellen sich hier stolz vor dem STOC-Clubhaus in Volketswil ZH in die Reihe. Blasphemie?
Tesla-Fans begrüssen den Taycan
Mitnichten, meint Stephan Schwarz, Geschäftsführer des STOC, und Organisator des Treffens: «Ich freue mich zu sehen, wie offen die Tesla-Gemeinde in der Schweiz den Porsche Taycan empfängt.» Von Futterneid eingefleischter Tesla-Fans also nichts zu spüren? «Doch», natürlich gebe es auch unter Tesla-Anhängern die Stimmen, die das Haar in der Suppe bei der Konkurrenz suchen, so Stephan Schwarz – wie beispielsweise der Verweis darauf, dass nur Tesla mit dem «Supercharger» ein eigenes, europaweites Schnellade-Netzwerk zur Verfügung steht.
Auch STOC-Präsident Sven Kaiser, der den Event mit einer kurzen Rede lancierte, zeigte sich erfreut, dass auch andere Automarken nun seriöse Elektro-Modelle auf die Strasse bringen. Jedoch sei er überzeugt, dass der Vorsprung, den Tesla auf die Konkurrenz habe, noch immer gross sei. «Teslas sind nach wie vor die besten Elektroautos», stellt der Clubpräsident fest. Und gleichzeitig sei aber auch jedes zusätzliche E-Auto auf der Strasse – egal, welcher Marke – auch ein Schritt weg von der Abhängigkeit von Öl.
Deutsche Autohersteller stellen ihre ersten E-Modelle
Ähnlich erfreut über den Zuwachs des weltweiten Elektroauto-Line-Ups zeigt sich Samuel Schneider, Leiter Elektromobilität beim Importeur AMAG. Dem Experten für E-Mobility ist es eigentlich zu verdanken, dass bei diesem Tesla-Event all die Elektro-Modelle deutscher Hersteller zu sehen sind. Über seine Kontakte hat Schneider den Porsche Taycan für diesen Event organisieren können, obwohl in der gesamten Schweiz bislang erst drei Exemplare auf der Strasse unterwegs sind. Es ist auch das erste Mal in der Schweiz, dass der Taycan an einem öffentlich zugänglichen Event zu sehen ist.
Keine Frage: An diesem Samstagnachmittag ist das Interesse am E-Porsche unter den anwesenden Tesla-Club-Mitgliedern riesig. Auch Schneider sieht das ähnlich entspannt: «Was wir nicht vergessen dürfen», führt er aus, «ist, dass diese Elektroautos aus Deutschland nur dank Tesla hier stehen.» Damit tönt er an, dass Audi, Porsche, VW oder Mercedes erst durch den Erfolg des Elektroauto-Pioniers aus Kalifornien motiviert wurden, eigene E-Modelle zu lancieren. Dass mit dem E-Tron, dem Taycan oder dem e-Golf nun alltagstaugliche, voll elektrische Autos von deutschen Marken hier stehen würden, sei für ihn als Elektroauto-Unterstützer nur als Erfolg zu werten. Und: «Vergessen Sie nicht die eigentliche Mission von Tesla: Den Umstieg auf eine nachhaltige Transportation zu beschleunigen.» Somit seien vollwertige Elektroautos der Konkurrenz auch im Sinne des Erfinders. Für Schneider ist der Taycan übrigens nicht der erste Elektro-Porsche: Mit seinem Startup-Unternehmen «Leiser Electric» baut er bestehende Porsche-Modelle zu vollwertigen Elektro-Modellen um.
Porsche Taycan: Erster Eindruck
Von der Präsentation des Porsche Taycan im September hatte ich bislang nur Bilder und Videos gesehen. Nun steht er also vor mir: Die Rennmaschine aus Zuffenhausen, der erste Elektro-Sportwagen, der sich mit dem Porsche-Logo zieren darf. Und ich muss zugeben: Ich bin beeindruckt. Die Linien des Chassis sind aggresiv und klar, das Auto als Porsche erkennbar, aber sehr modern. Besonders die hintere Hälfte erinnert an die eleganz britischer Sportwagen, während das Heck mit viel LED daherkommt. Ja, hübsch anzuschauen ist er, der E-Porsche. An dieser Stelle das Versprechen an die «Techgarage»-Leserschaft: Wir werden alles dafür geben, bald schon eine Probefahrt im Taycan machen zu können.
Das Interieur des Taycan ist geprägt von Bildschirmen und der Traum jedes Gadget-Geeks: Das Armaturenbrett voll digital, leicht gebogen, die zusätzlichen Screens im Cockpit grosszügig mit einer intuitiven Bedienung. Sogar der Beifahrer hat seinen eigenen Touchscreen, von wo aus er unter anderem die Musik einstellen kann. Überall hochwertige Materialien und erstklassige Verarbeitung, das Dach aus Glas für ein geräumiges Gefühl: Doch, hinter diesem Lenkrad könnte ich mich wohlfühlen. Die Preise für den Taycan beginnen ab 135’000 Franken und können bis 250’000 erreichen, je nach Ausstattung. Einziger Wermutstropfen: Testfahrten sind heute keine möglich.
Einzige Testfahrt des Tages: Organisiert von einem Startup
Kaum bin ich aus dem Taycan ausgestiegen, wird mir dafür von anderer Seite eine Testfahrt angeboten: «Wie wär’s mit einer Runde im Mercedes EQC»? Da der Mercedes nicht über die AMAG organisiert werden konnte (aus Konkurrenz-Gründen), sind hier die beiden Jungunternehmer Robin Hoefler und Valentin Pirovano eingesprungen. Mit ihrem Unternehmen «Electric Now» möchten sie Marken-übergreifend Anbieter und Nutzer von Elektromobilität miteinander verbinden. Dazu gehört auch, einen Mercedes an ein Tesla-Treffen zu bringen. Eine gute Sache: Es ist an diesem Tag das einzige Modell, das ich selber fahren darf. Der EQC ist ein SUV, dessen 80-KWh-Batterie für eine Reichweite von rund 400 Kilometern sorgt. Trotz des Fahrzeuggewichts von rund 2,5 Tonnen fährt sich der EQC wendig und beschleunigt zügig. Erfrischend auch die hohe Brems-Rekuperation, die manuell eingestellt werden kann: Damit lässt sich das Auto praktisch mit einem Pedal fahren. Nur der Preis von rund 80’000 Franken aufwärts bremst meinen Enthusiasmus etwas – dafür gibt’s auch einen Tesla Model X, der sich vielseitiger einsetzen lässt und auch technisch ausgereifter ist.
Ich stelle fest: Seit dem letzten Tesla-Treff vor genau einem Jahr ist in der E-Auto-Branche in der Schweiz viel gelaufen. Endlich kann ich auch alltagstaugliche Elektroautos bestellen – und innert nützlicher Frist auch fahren – die nicht ein «T» auf der Haube haben. Und auch die eingefleischten Tesla-Fans scheinen die neue Auswahl zu goûtieren: Für sie, die «early adopters» der Elektromobilität, bedeutet jede zusätzliche Marke mit einem eigenen Elektroauto auch ein Schritt weiter in der Mainstream-Adoption von Elektro-Autos. Tesla-Fahrer zu sein, bedeutet auch heute noch ein stückweit Idealismus.