Wie immer im späten Frühling lädt Google Entwickler und die Presse zur Entwicklerkonferenz «I/O» ins Amphitheater nach Mountain View ein. Vor Ort warten nicht nur Neuigkeiten aus Googles Portfolio mit Pixel Smartphones und künstlicher Intelligenz zu sehen: Für die Teilnehmer bedeutet die «I/O» drei Tage Openair mit Tech-Grundrauschen.
Den Beginn des dreitätigen Events markiert die grosse Keynote, wenn Googles CEO Sundar Pichai gemeinsam mit Produkt-Managern die Neuigkeiten vorstellt. Was and der Keynote vorgestellt wurde, haben wir für euch kurz zusammengefasst.
Google Lens: Macht das Leben beim Reisen einfacher
Beginnen wir mit AI – künstlicher Intelligenz: «Google Lens» ist ein nützliches Hilfsmittel, das automatisch erkennt, was sich auf Bildern befindet. In Zukunft möchte Google es noch einfacher machen, den Besuchern im Restaurant die beliebtesten Menüs anhand ihrer Ratings auf Google Maps hervorzuheben. Natürlich hilft Google weiterhin beim Übersetzen, sollte man selbst nicht der sprachgewandteste Tourist sein.
Und auch beim oft komplizierten Aufteilen der Rechnung durch die Anzahl Teilnehmer hilft Google Lens: Durch ein simples Betrachten der Quittung durch die Kamera erkennt das Programm die Summe, addiert nach Bedarf noch ein Trinkgeld und bietet danach die Option an, die Rechnung durch die Anzahl Personen am Tisch aufzuteilen.
Google Duplex on the Web – Füllt Formulare schnell aus
Vor genau einem Jahr hat Google das Produkt «Google Duplex» vorgestellt. Danach wurde es leider still um den eindrücklichen neuen Google-Buchungsassistenten. Doch nun scheint das Projekt wieder aus der Versenkung zu kommen: Neben der App «CallJoy», die letzte Woche still und heimlich publiziert wurde, soll bald «Google Duplex on the Web» kommen. Eine Art «Autofill»-Möglichkeit für Formulare. Dabei scheint der Algorithmus selbständig zu erkennen, wann wo welche Information in die Felder auf einer Webseite eingetragen werden muss. Das könnte jedem Formular-geplagten Nutzer massiv Zeit einsparen.
Verbesserter Google Assistant – Jetzt auch ohne «Ok, Google»
In einer super «smoothen» Demonstration hat das Team um den Google Assistant gezeigt, wie die künstliche Intelligenz auf dem Handy auch ohne wiederholtes «Ok, Google» auf den Nutzer reagiert. Dabei lassen sich einzelne Aufträge wie beispielsweise das Abfragen der Wetterbedingungen, das Verfassen einer Nachricht oder das Abspielen von Musik in einer Kette von Sprachbefehlen an den smarten Assistenten diktieren, ohne dass der Nutzer jedes Mal seine Absicht mit dem repetitiven Befehl einleiten muss. Die verbesserte Funktionalität soll in einem baldigen Update an bestehende Smartphones nachgereicht werden.
Drive Mode – Verbessertes Android Car
Auch Google arbeitet daran, dass Autofahrer weniger auf ihr Smartphone fokussiert sind, während sie ihr Fahrzeug lenken. Mit dem neuen «Drive Mode» wird in der «Android Car»-App eine festgelegte Ansicht von oft verwendeten Aktionen auf dem Smartphone angezeigt. Der Nutzer kann diese Aktionen – wie Anrufe, Diktate oder Navigation – per Sprachbefehl aktivieren und dabei seine Hände auf dem Lenkrad und die Augen auf der Strasse belassen.
«Two Step Verification» – Integriert im Android Smartphone
Two Step Verification – oder Zwei-Faktor-Authentifizierung – ist vielen Nutzern schon bekannt: Man bekommt einen Code per SMS oder App zugeschickt, den man nach dem normalen Login zusätzlich eingibt. Das Problem: Codes wie diese sind einfach auch für gefälschte Seiten zu nutzen. Eine Art, Accounts sicherer zu machen, hat Google letztes Jahr mit dem Project Titan schon präsentiert. Die Idee dabei: Mit einem kleinen, drahtlos verbundenen «Drücker» – einem Schlüssel – wird die Identität des Nutzers bestätigt. Neu wird diese Sicherheits-Funktion bereits auf Android-Smartphones vorinstalliert: Um sich zu authentifizieren, muss also künftig kein zusätzlicher Schlüssel mehr herumgetragen werden.
Live Caption – Für alle, die nicht hören können
Auf «YouTube» kennen wir die Funktion der automatisch generierten Untertitel bereits. Neu erweitert Google diese «Live Captions» auch auf andere gesprochene Inhalte, die auf dem Smartphone geschaut oder angehört werden. Bei Anrufen oder in zugeschickten Videos analysiert Google den gesprochenen Teil und wandelt diesen in Echtzeit in lesbaren Text um. Dabei erwähnt Google, dass diese Technologie auf 5G-Netzen mit ihrer niedrigen Latenzzeit noch besser funktioniert. 5G-fähige Smartphones mit Android-OS gibt es beispielsweise von den Herstellern Oppo oder Huawei.
Android Q
Mit «Android Q» startet Google diesen Sommer in sein nunmehr zehntes Android-Jahr. Und wie an der I/O üblich hat der Suchmaschinen-Gigant einen Ausblick darauf gegeben, was uns mit dem System-Update erwartet.
Neu kommt beispielsweise ein «Dark Theme» hinzu, das bei Computer-Systemen wie macOS bereits etabliert ist und das Farbschema der Nutzeroberfläche abdunkelt.
Gleichzeitig doppelt Google beim Schutz der Privatsphäre nach und bietet in Android Q eine einfachere Möglichkeit an, die gespeicherten Daten über die eigene Person einzusehen und sie gleichzeitig einfacher löschen zu können. Der «Location Reminder» zeigt zusätzlich in der Notification Bar an, wenn eine App den Standort des Nutzers trackt. Zur Info: Genau diese Funktionen bietet apple bereits seit Jahren an.
Mit dem neuen «Android OS Framework» möchte Google wichtige System-Updates schneller auf die Geräte seiner Nutzer bringen. Diese Update werden ohne Neustart des Gerätes «Over the Air» installiert. Offen ist noch, ob diese Funktion auch für Smartphones von anderen Herstellern gilt, die ja oft die zugrunde liegende Android-Version mit ihrer eigenen Oberfläche überdecken.
Ebenfalls verfeinert wird in Android Q die Einteilung der täglich erlaubten «Screen Time». Eltern können ihren Kindern am Ende des Tages noch einen kleinen Zeitbonus einräumen, damit diese «nur noch ein Level» fertigspielen können.
Die Vorab-Version (Beta) von Android Q soll laut Google bereits auf 21 Handy-Modellen von verschiedenen Herstellern verfügbar sein, darunter Huawei, Oppo und natürlich Googles eigener «Pixel»-Linie von Smartphones.
Wer mutig ist und sich eine frühe Version von Android Q auf seinem Phone installieren will, findet die Beta hier.
Nest Home Max
Die Produkte, die vor einem Jahr noch unter dem Brand «Google Home» bekannt waren, werden wohl neu unter dem Namen «Nest» weiterlaufen. Mit dem «Next Home Hub» zeigt Google ein Gerät, das neben dem normalen Lautsprecher auch einen Screen (10,1-Zoll-LCD mit 1280×800 Pixel) mit Kamera (12MP) besitzt. Die Kamera verfügt über ein Weitwinkelobjektiv und verfolgt seinen Nutzer, damit dieser Befehle per Handsteuerung durchgeben kann. Der «Home Hub» soll mit anderen «Nest»-Geräten kommunizieren können: Somit liesse sich sogar per Sprachbefehl die Wohnungstür öffnen.
Google selber gibt an, dass die Daten verschlüsselt auf dem Gerät gespeichert werden – und nicht in der Cloud. Durch einen mechanischen Schalter lässt sich zudem der Strom zur Kamera trennen.
Der HomeHub wird in den USA für 239 Dollar angeboten, jedoch ohne Ankündigung, dass das Gerät je nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz kommen wird.
Google Pixel 3a und 3aXL: Das «Low Budget» Google Phone
Nachdem eigentlich alle Eckdaten zu den neuen Google-Handys bereits im Vorfeld geleakt wurden, hat Google nun offiziell das Google Pixel 3a und 3aXL vorgestellt. Das Low Budget Phone kommt mit einem OLED Display daher, mit der bewährten Kamera vom Pixel 3 und einem Akku, der locker einen Tag durchhalten soll. Bei der Verarbeitung hat man statt Aluminium dieses Mal auf günstigeres Plastik zurückgegriffen, eine kabellose Ladefunktion gibt es nicht, der Speicher lässt sich nicht erweitern und Wasserfest ist das Pixel 3a oder XL auch nicht. Für 399 Dollar bietet das Smartphone viele Funktionen aus dem Pixel 3 zum tieferen Preis, auch wenn letzteres bereits fast schon ein Jahr alt ist.
Leider kommen das Pixel 3a und 3aXL nicht in die Schweiz oder nach Österreich. Dafür dürfen sich wie die Nutzer in Deutschland über ein neues Google-Gerät freuen.
Fazit: Eindrücklich, aber leider nicht für hier
Innerhalb von knapp zwei Stunden hat uns Google mal wieder gezeigt, was technisch alles möglich ist, wenn man versteht, wie man einen Computer richtig mit Daten füttert. Dieses Jahr wurde zudem besonderer Fokus darauf gelegt, wie mit Hilfe dieser künstlichen Intelligenz das Leben der Menschen – insbesondere solcher mit körperlichen Einschränkungen – vereinfacht werden kann. Natürlich sind viele der gezeigten Produkte noch nicht marktreif und bei einigen wird es erneut über ein Jahr dauern, bis sie in unserem Alltag Einzug halten.
Trotzdem sind Entwicklungen wie der «Google Assistent» auch in einer Beta-Version schon eindrücklich. Was Google uns an der I/O 2019 gezeigt hat, ist definitiv ein Blick in die Zukunft. Einziger Wermutstropfen: Die Schweiz ist nach den USA der grösste Google-Standort weltweit. Warum ein Unternehmen mit solchen finanziellen und intellektuellen Ressourcen relevante Produkte wie das Google Pixel oder das «Home Max» hierzulande nicht anzubieten vermag, entzieht sich nach wie vor unserem Verständnis