Und schon ist’s wieder vorbei mit «Null Emissionen»: Am 1. Juli 2019 trat eine neue EU-Verordnung in Kraft, wonach neu alle neuen Elektro- und Hybridautos ein künstliches Motorengeräusch emittieren müssen. Die neue Regelung gilt sowohl in der EU als auch in der Schweiz. Künftig müssen alle neu erscheinenden Elektroauto-Modelle über sogenannte «Acoustic Vehicle Alert Systems» (AVAS) verfügen, womit auch ein Fahrzeug, das sich per leisem Elektroantrieb fortbewegt, über einen Lautsprecher ein simuliertes Motorengeräusch ausstösst.
Dies soll verhindern, dass Elektroautos von Passanten und anderen Verkehrsteilnehmern überhört werden, was offenbar besonders bei langsamen Geschwindigkeiten bereits zu Unfällen geführt haben soll. Deshalb muss das künstliche Geräusch künftig ertönen, wenn ein Auto rückwärts oder unter 20 Km/h fährt. Ebenfalls, so hält die EU weiter fest, darf der Ton unter keinen Umständen vom Fahrer abgestellt werden können.
Welche Elektroautos sind vom Lärm-Zwang AVAS betroffen?
Elektroauto-Hersteller wie Tesla, Renault und vermehrt auch traditionelle Marken sind damit unter Zugzwang. Wer jetzt ein Elektroauto fährt oder bestellt hat, kann aber aufatmen: Die Regulation wird schrittweise adaptiert, bestehende Fahrzeuge müssen nicht rückwirkend mit dem System ausgerüstet werden.
Der 1. Juli 2019 ist lediglich der Stichtag, nach dem alle neu erscheinenden Elektroauto-Modelle über ein solches System verfügen müssen. Wenn Tesla beispielsweise plant, sein kommendes «Model Y» 2020 oder 2021 auszuliefern, wird dieses über ein solches AVAS verfügen müssen.
Ab Juli 2021 hingegen müssen auch aktuell verkaufte Modelle in der Lage sein, diese Warntöne auszustossen. Das heisst, dass ab dann auch neu verkaufte Fahrzeuge der jetztigen Generation – wie beispelsweise Teslas Model S und Model X oder der Hyundai Kona electric – mit AVAS ausgestattet sein müssen.
Elektroauto-Hersteller schon vorbereitet
Einige Fahrzeug-Modelle, wie Renaults «Zoé» verfügen bereits über ein robotisch anmutendes Fahrgeräusch bei niedrigen Geschwindigkeiten – dieses kann aber vom Fahrer jederzeit auch ausgeschaltet werden. Gemäss der neuen Regulation wird dies künftig nicht mehr möglich sein.
Und auch wenn es jetzt noch ruhig ist in der Welt der Elektroautos: Hersteller wie Tesla haben bereits vorgesorgt. So ist beim Tesla Model 3 am vorderen Unterboden bereits jetzt eine Öffnung zu sehen, die wie ein Lautsprecher aussieht.
Wie tönt ein Elektroauto künftig?
In der Schweiz gibt das Bundesamt für Strassen (Astra) sogar genaue Vorgaben, wie so ein künstlicher Ton aus dem Lautsprecher zu klingen hat: Die sogenannte «Warneinrichtung» AVAS muss einen motorenähnlichen Fahrton erzeugen, zudem soll sich beim Beschleunigen die Tonlage von einer tiefen zu einer höheren Frequenz verändern.
Von der Lautstärke her sind dabei zwischen 55 und 75 Dezibel die Voragabe – etwa ähnlich einem Motorroller, aber noch immer leiser als viele traditionelle Autos mit Verbrennermotor. Vorgeschrieben sind gemäss «20 Minuten» mindestens zwei Terzbänder, eines davon mit weniger als 1600 Hertz, damit auch Menschen mit eingeschränktem Gehör den Ton hören können.
Je nach Hersteller unterschiedliche Motoren-Sounds
Natürlich lassen es sich die Hersteller nicht nehmen, sich mit dieser neuen Notwendigkeit von der Konkurrenz abzusetzen. So arbeitet beispielsweise BMW für sein Konzept-Fahrzeug «BMW Vision M Next» mit dem berühmten Komponisten Hans Zimmer, der kürzlich auch in Zürich auftrat, zusammen.
Tesla-CEO Elon Musk hingegen würde es begrüssen, wenn der künstliche Lärm nicht rundherum hörbar, sondern bloss auf den Empfänger gebündelt wäre. Dies würde der «Noise Pollution» – der Lärmbelästigung – entgegenwirken. Eine solche Technologie sei aufwändig, aber offenbar bereits 2013 in Entwicklung.
Das US-Onlineportal «Mashable» hat eine Sammlung von geplanten Geräuschen diverser Autohersteller zusammengestellt: Von Citroën über Nissan bis hin zu Harley-Davidson scheint jeder Brand auf ein eigenes «Signatur»-Geräusch zu setzen.
Doch nicht nur in Europa steigt mit der neuen Bestimmung der Geräuschpegel auf den Strassen wieder an: Auch in den USA hat die Transportbehörde NHTSA eine ähnliche Regulierung auf 2020 bestimmt.