Als Tech-Journalist erhofft man sich insgeheim, mal in einem Raum zu sitzen, in dem Elon Musk spricht. Der Gründer von SpaceX und CEO von Tesla ist definitiv jemand, dem genau zugehört wird, wenn er spricht. Aber sogar der Auftritt von Elon Musk, der an diesem Abend live aus Cape Canaveral in Florida nach Zürich zugeschaltet war, verblasst angesichts dessen, was sich den Besuchern des «Starmus V»-Festivals an diesem Eröffnungsabend geboten hat.
Elon Musk nahm über die Videoverbindung die «Stephen Hawking Medal for Science Communication» entgegen, die ihm vom «Starmus»-Rat verliehen wurde. Mit der Medaille werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich besonders für die Wissenschaft einsetzen und dabei helfen, Wissenschaft wieder salonfähig zu machen. Es war denn auch nur bezeichnend, dass Musk nur deswegen nicht in Zürich auftreten konnte, weil er gerade in Florida mit seiner Firma SpaceX damit beschäftigt war, eine weitere Rakete ins All zu starten.

Raketen und der Griff nach den Sternen
Raketen sind denn auch ein zentrales Thema der einwöchigen «Starmus»-Wissenschaftskonferenz. Als Sprecher treten Astronauten, Astrophysikerinnen, Nobelpreisträger, Künstler, Filmemacher, Komponisten, Musiker und andere Koryphäen aus ihren jeweiligen Bereichen auf.
Wäre «Starmus» ein Sport-Event, wäre es so etwas wie der «Ballon d’Or» mit Fussballern wie Cristiano Ronaldo, Messi aber auch Altstars wie Diego Maradona und einem Gastbesuch von Roger Federer, Tiger Woods und Michael Phelps. Kurzum: Wer sich für Wissenschaft und Forschung interessiert, für den wird Zürich kurzzeitig zum Epizentrum des Glücks.
Über die Woche verteilt werden Keynotes und Diskussionspanels mit den hellsten Köpfen ihrer Forschungsbereiche abgehalten. Gewürzt wird diese ganze Theorie mit Erfahrungsberichten aus erster Hand von den Menschen, die mit ihrem Leben auf die Ergebnisse der Forschung vertrauen: Astronauten und Kosmonauten.

«Namedropping» par excellence
Wer auch nur ein bisschen Wissenschafts-Fan ist, früher Raketenmodelle zusammengebaut oder von einer Reise zum Mond geträumt hat, konnte nach diesem Abend viele Namen von der Liste «Ich war in einem Raum mit…» abstreichen. Hier nur eine kleine Auswahl an Persönlichkeiten, die sich an diesem Montag in Zürich eingefunden haben:
Astronauten und Kosmonauten:
Buzz Aldrin, Astronaut Apollo 11
Harrison Schmitt, Astronaut Apollo 17
Russel Schweickart, Astronaut Apollo 9
Charlie Duke, Astronaut Apollo 16
Claude Nicollier, Schweizer Astronaut STS-Missionen
Chris Hadfield, Astronaut und ISS-Kommandant
Physiker und Wissenschaftler:
Garik Israelian, auch «Starmus»-Gründer
Jill Tarter, Astrophysikerin
Kip Thorne, Astrophysiker und Nobelpreisträger
Musiker, Stars, Politiker:
Hans Zimmer, Komponist und Musiker
Armen Sarkissian, Präsident von Armenien und Physiker
Tony Fadell, Erfinder des iPod
Steve Vai, Gitarrist und Grammy-Gewinner
Sir Michael Hintze, Geschäftsmann und Philantrop
Brian May, Sänger und Gitarrist der Band «Queen» und Astrophysiker
Dies ist eine kleine Auswahl der «Starmus»-Teilnehmer, die aber doch einigen geläufig sein dürften. Die gesamte Teilnehmerliste gibt’s auf der offiziellen Webseite von Starmus.
Bombastisches Spektaktel mit Stars und Musik
Was auch auffällt: An diesem Abend, an dem der Saal gefüllt war mit bekannten Namen und absoluten Stars war nie auch nur ein Security-Mann zu sehen. Der ganze Anlass verlief absolut geordnet, ruhig und erinnerte mehr an ein Treffen von alten Schulfreunden denn als Gipfeltreffen der Wissenschaftselite. Sogar Armen Sarkissian, Präsident von Armenien, zeigte sich ganz unbehelligt in der Menge und schien die inspirierende Gesellschaft zu geniessen. Er lud denn auch gleich die Festivalleitung ein, die nächste Austragung von «Starmus» – also die sechste Ausgabe – in Armenien abzuhalten.
Den Auftakt des Abendprogramms machte die Starmus-Leitung gleich selbst: Garik Israelian, Brian May und Patron der Veranstaltung Sir Michael Hintze führten durch den Abend und präsentierten die drei Gewinner der «Stephen Hawking»-Medaillen:
• Elon Musk für seine ausserordentlichen Leistungen in der Raumfahrt und für die Menschheit
• Brian Eno, englischer Musiker, für die mutige Neuauflage seines Albums Apollo: Atmospheres and Soundtracks von 1983
• Apollo 11, ein Dokumentarfilm von Todd Douglas Miller, für seine Betrachtung der berühmtesten Raumfahrtmission der Geschichte

Buzz Aldrin bekam zusätzlich noch die «Stephen Hawking»-Medaille für sein Lebenswerk verliehen – eine absolute Premiere, denn diese Auszeichnung gab’s bis anhin noch nicht.
Die musikalische Supernova
Dazwischen wie auch danach ging’s immer mal musikalisch zu und her: Der kanadische Astronaut und ISS-Kommandant Chris Hadfield gab auf der Gitarre das David Bowie-Lied «Space Oddity» zum besten, während das «21st Century Orchestra» mit Chor aus Luzern immer wieder musikalische Untermalung mit Stücken von Komponist Hans Zimmer gab.
Nachdem die Preise verliehen waren, packten einige Zuschauer bereits ihre Taschen und machten sich auf, zu gehen. Schliesslich war der Event ja gemäss Programmheft am Ende angelangt. Dann jedoch betrat mit Rusanda Panfili eine Violin-Solistin die Bühne und kurz darauf folgte noch «der Komponist» selbst: Hans Zimmer.
Hans Zimmer hat Erfahrung mit Raumfahrt: Schliesslich hatte er bereits den Soundtrack zu «Interstellar» komponiert und mit der Orgel-gewaltigen Komposition eine grosse Fangemeinde nicht nur in der Wissenschaft aufgebaut. Zimmer zeichnet sich übrigens auch für die eingängigen Melodien in «Fluch der Karibik», «Inception», «Der Da Vinci Code» und einer Menge anderer Blockbuster bekannt. Kurz: Auch er in seinem Fach bereits eine lebende Legende.

Die Kombination von Orchester, Hans Zimmer am Synthesizer und am Konzertflügel, der strahlenden Violin-Solistin, dem Gitarren-Virtuosen Steve Vai und Gastauftritten von Komponist Rick Wakeman und anderen Musikern kann man getrost als «musikalische Supernova» betiteln. Als dann Ratsmitglied und Queen-Gitarrist Brian May seine E-Gitarre umschnallte und zudem noch der Operntenor Vittorio Grigolo das Ensemble vervollständigte, gab’s im Publikum kein Halten mehr.
Einzig beim Lied «Who wants to live forever» wurde es kurz still und bedächtig: Damit gedachte die Musiker-Truppe auf der Bühne dem verstorbenen Wissenschaftler und Namensgeber der Auszeichnungen Stephen Hawking.
Wissenschaftliche Sinnkrise? Nicht in Zürich
Wenn die Wissenschaft je den Beweis schuldig war, dass sie Menschen bewegen und zusammenbringen kann, dann hat sie diesen Beweis mit diesem Einstand in Zürich erbracht. Der Event lanciert eine einwöchige Konferenz, die noch bis Samstag, 29. Juni dauert. Tagestickets sind nach wie vor erhältlich, das detaillierte Programm gibt’s auf der offiziellen Starmus-Webseite. Wer dafür nicht nach Zürich kommen will oder kann, kann die «50 Jahre Apollo-Programm» auch an anderen Orten feiern. Der Blog «Newly Swissed» hat dazu eine Event-Liste mit Veranstaltungen quer durch die Schweiz zusammengestellt.
Bei all den Festivitäten erinnern die Veranstalter von «Starmus» aber nur allzu gerne daran, dass wissenschaftliche Prinzipien momentan einen schweren Stand haben: Es sei deshalb wichtig, dass man sich auf die Werte der Wissenschaft besinne und Fakt und Fiktion klar auseinander halte. In Zeiten, wo einem empörten Tweet oft mehr Glauben geschenkt würde als einer sachlichen Darstellung, werde ein wertefreier und beobachtender Zugang zu Informationen immer wichtiger.