«Neon ist wie eine neue Art von Leben», sagt Pranav Mistry, CEO der STAR Labs an einem Presse-Event an der CES. «Es gibt Millionen von Spezies auf unserem Planeten und wir hoffen, eine weitere hinzuzufügen».
Ein weiterer Tech-Manager, der seine Arbeit mit der Schöpfungsgeschichte vergleicht – Ohje. Kann das gut kommen? Ist das der Anfang von Skynet?
CGI-Projekt eines Samsung-Ablegers
Es gibt an der diesjährigen CES in Las Vegas (7.1. – 10.1.2020) wenig Technologien, die so gehypt werden und gleichzeitig so unausgereift sind wie «Neon» – ein Projekt, das indirekt von Samsung gefördert wird. Neon präsentiert sich auf seiner Webseite Neon.life hyper-futuristisch und technologisch fortgeschritten, bleibt aber doch mysteriös in Bezug auf Technologie und Einsatzgebieten seiner Kreation.
Das Projekt Neon entstammt aus den STAR Labs, einem unabhängigen Ideen-Inkubator, der hauptsächlich vom Tech-Giganten Samsung finanziert wird. Neon hat sich zum Ziel gesetzt, digitale Avatare zu kreieren – also Figuren, die echt aussehen, aber komplett am Computer generiert werden.
Was Neon von seinen «Künstlichen Menschen» schon zeigt
Was an der CES von Neon gezeigt wird, sind bewegte Bilder auf hochkantigen Bildschirmen: Darauf sind die Avatare zu sehen – lebensechte Nachbildungen von echten Menschen, die mit dem Nutzer interagieren. Wobei – auch das ist noch etwas hoch gegriffen. Keiner der vor Ort anwesenden News-Reporter konnte eine individuelle Konversation mit einem Neon führen. Die Demo-Events folgten mehrheitlich einem starren Muster und wurden von oder mit einem Neon-Mitarbeiter durchgeführt, einzig «CNET» schien einem Neon ein paar Fragen stellen zu dürfen (YouTube-Video hier).
Die anwesenden Medien waren von den Live-Demonstrationen denn auch eher verwirrt als überzeugt: «Gizmodo» quittierte die präsentierte Technologie mit einem «WTF», «The Verge» nannte sie «more hype than hyper-futuristic» und «BGR» fand, dass die animierten Figuren «really suck». Der Tenor unter den Reportern: Bislang wirken die Interaktionen mehr wie vor-aufgenommene Video-Clips, die je nach Anfrage abgespielt werden. Der Hype über die neue Technologie sei bislang noch unbegründet.
Neon ist ein Chatbot, kein KI-Assistent
Neon ist aber kein digitaler Assistent wie beispielsweise Alexa, Siri oder der Google-Assistent und schon gar nicht wie Samsungs «Bixby». Man soll Neon bitte nicht fragen, wie das Wetter morgen wird, äussert sich das Unternehmen. Stattdessen seien die Avatare – «Neons» genannt – «lebende virtuelle Wesen», die Konversationen führen und sich wie echte Menschen benehmen könnten. Neons hätten ein Erinnerungsvermögen und könnten neue Fähigkeiten erlernen. Das tönt im ersten Moment wie ein glorifizierter Chatbot, wie wir ihn bereits von modernen Webseiten kennen.
Die digitalen Menschen von Samsung sollen also überall dort eingesetzt werden, wo in der Kundenberatung «ein menschlicher Touch» gebraucht werde: Sie können in diverse Rollen wie Fitnesstrainer, Yoga-Instruktorin, Kundenberater oder Schauspielerin schlüpfen. Jeder Neon hätte zudem eine eigene Persönlichkeit, erklärt STAR Labs.
Wie entsteht ein «Neon»? Die «Core R3»-Technologie
Über die genauen technischen Hintergründe schweigt sich der Entwickler noch aus. Recherchen von Tech-Blogs haben gezeigt, dass die Neons bislang auf echten Menschen basieren. So wurde an der Präsentation gezeigt, dass Aussehen und Bewegungen von Schauspielern und News-Reportern aufgenommen und digitalisiert wurden – ähnlich der «Motion Capture»-Technolgie, die wir bereits aus Filmen und Computer-Games kennen.
Das Ganze basiert auf der eigens entwickelten «Core R3»-Technologie, wobei die drei R für «Reality, Realtime und Responsiveness» stehen. Der Umgang mit den Neons soll sich also ganz natürlich und verzögerungsfrei anfühlen. Und natürlich sollen die Neons nicht nur auf dem Stand der eingescannten Daten bleiben – sie sollen auch neue Gefühle, Bewegungen und eine unabhängige Mimik entwickeln können. «Core R3» schaffe mit künstlicher Intelligenz all diese Reaktionen in Echtzeit, so STAR Labs.
Mehr Info zu Neon an eigener Messe
Für einen ersten Auftritt sorgte das Neon-Projekt von STAR Labs also bereits für einigen Wirbel. Das Interesse an den menschlichen Avataren war definitiv gross, die Technik dahinter scheint aber noch nicht reif für die grosse Bühne zu sein. Für weitere Infomationen und einen Stand der Dinge verwies die Entwicklerfirma auf die «NeonWorld 2020»-Konferenz, die später dieses Jahr stattfinden solle.
Keine Frage haben Technologien wie die hier gezeigten Neons eine grosse Zukunft: Denkbar, dass viele Dienstleistungs-Branchen künftig vermehrt auf Automation und KI setzen, um ihre Kunden zu betreuen. Beim aktuellen Stand der Entwicklung scheint der Mensch aus Fleisch und Blut aber noch nicht obsolet zu sein – Skynet scheint noch einige Iterationen entfernt.