Nach einem Bericht des Nachrichten-Netzwerkes «NBC News» soll das IT-Unternehmen IBM fast eine Millionen Fotos aus dem Datenschatz von Flickr bearbeitet haben, um sie Wissenschaftlern zur Erforschung der Gesichtserkennungs-Technologie zur Verfügung stellen zu können. Die Flickr-Nutzer seien nicht um ihre Einwilligung dazu gebeten worden.
Betroffene ahnten nicht, was mit den Fotos passiert
Der IBM-Datensatz würde aus einer Sammlung von 100 Millionen Bildern stammen, die sämtlichst unter einer «Creative Commons»-Lizenz veröffentlicht worden seien. Der frühere Flickr-Eigentümer Yahoo hätte diesen Datenschatz Forschern im Jahr 2014 angeboten, wie «NBC News» berichtet.
IBM hätte aus diesen 100 Millionen Fotos eine Million übernommen und damit den sogenannten «Diversity in Faces»-Datensatz gebildet. Die darin enthaltenen Fotos seien sowohl automatisch codiert als auch von Menschen bewertet worden. Insgesamt gäbe es 200 verschiedene Werte, mit denen das Aussehen der auf den Fotos abgebildeten Personen beschrieben worden sei, darunter Angaben zum geschätzten Alter, Geschlecht, zur Gesichtsgeometrie und zum Hautton.
Fotografen zeigten sich nach der Kontaktaufnahme durch «NBC News» überrascht, dass ihre Flickr-Fotos in dem IBM-Datensatz auftauchten. «Keiner der Leute, die ich fotografiert habe, hatte eine Ahnung, dass ihre Bilder auf diese Weise verwendet werden», sagt der Flickr-Nutzer und PR-Manager Greg Peverill-Conti zu «NBC News». In dem «Diversity in Faces»-Datensatz von IBM seien 700 Fotos von ihm enthalten. «Es scheint ein wenig unklar zu sein, ob IBM diese Bilder verwenden darf, ohne jemandem etwas zu sagen», gibt Peverill-Conti zu bedenken.
Das Problem sei, dass die Nutzer ihre Zustimmung zur Veröffentlichung von Fotos in einem bestimmten Internet-Ökosystem gegeben hätten, aber nun feststellen müssten, dass ihre Fotos zur Erforschung der Gesichtserkennung verwendet würden, sagt Meredith Whittaker, Co-Direktorin des KI Now Institute, zu «NBC News». Man kann davon ausgehen, dass die Nutzer bei der ursprünglichen Zustimmung zur Veröffentlichung der Fotos nichts von dem späteren Verwendungszweck geahnt haben.
Löschung ist möglich
Der Leiter der KI-Forschung bei IBM, John Smith, habe gegenüber «NBC News» gesagt, dass das Unternehmen «mit jedem zusammenarbeiten wird, der eine URL aus dem Datensatz entfernt haben möchte.» Da es aber keine öffentliche Liste mit betroffenen Flickr-Nutzern und Fotos gebe, sei unklar, wie dieser Lösch-Prozess ablaufen solle, sagt das Nachrichten-Netzwerk «NBC News», das mit einem Abfrage-Tool zumindest teilweise aushilft. Über dieses Tool kann man prüfen, ob der eigene Flickr-Benutzername in der IBM-Sammlung auftaucht.