Hitzewelle 2025: Wie Solarenergie Europas Stromnetz vor dem Kollaps bewahrte

Kevin Kyburz
15. Juli 2025
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Die Juni- und Juliwochen des Jahres 2025 haben Europa nicht nur meteorologisch, sondern auch energetisch herausgefordert. Mit Temperaturen weit über 40°C, explodierendem Stromverbrauch und drastischen Preissteigerungen wurde die Hitzewelle zu einem realen Stresstest für das europäische Energiesystem. Ein neuer Bericht des Thinktanks Ember zeigt nun: Nur dank rekordverdächtiger Solarstromerzeugung, gut ausgebauter Speicher und grenzüberschreitender Stromverbindungen konnte ein Blackout verhindert werden.

Stromverbrauch steigt, Netzgeräte unter Druck

Während die Bevölkerung unter der Gluthitze litt, liefen Klimaanlagen auf Hochtouren. Laut Ember-Bericht erhöhte sich der Stromverbrauch im Tagesverlauf um bis zu 14%, insbesondere in Ländern wie Spanien und Frankreich. Allein zwischen dem 24. Juni und dem 1. Juli stieg in Frankreich die Spitzenlast um 12%, in Spanien gar um 15%.

Gleichzeitig versagten klassische Kraftwerke. Thermische Kraftwerke, vor allem Atomkraftwerke in Frankreich und der Schweiz, mussten wegen Kühlproblemen ihre Leistung reduzieren oder ganz vom Netz gehen. Insgesamt waren bis zu 23 GW Nuklearleistung offline, darunter kritische Anlagen entlang der Rhône und Loire.

Strompreise explodieren – bis zu 470€/MWh

Diese Kombination aus hoher Nachfrage und verminderter Produktion liess die Strompreise in die Höhe schnellen. In Deutschland verdreifachte sich der durchschnittliche Tagespreis nahezu, in Polen und Frankreich verdoppelte er sich. Besonders dramatisch: In den Abendstunden des 1. Juli lagen die Spotmarktpreise bei über 400€/MWh in Deutschland und über 470€/MWh in Polen. Zum Vergleich: In „normalen“ Zeiten liegt der Strompreis meist unter 100€/MWh.

Solarenergie wird zur tragenden Säule

Der Lichtblick in dieser Lage kam – im wahrsten Sinne des Wortes – von oben. Denn während Hitze für klassische Kraftwerke ein Problem ist, liefert sie der Solarenergie ideale Bedingungen. Im Juni 2025 wurden in der gesamten EU 45 TWh Solarstrom erzeugt – ein neuer Rekord und ein Zuwachs von 22% gegenüber dem Vorjahr.

In Deutschland etwa erreichte die PV-Erzeugung bis zu 50GW Leistung, was 33–39% des gesamten Stromverbrauchs an den heissesten Tagen deckte. Doch die Sonne scheint nicht ewig – entscheidend war daher, dass 14GW Batteriespeicher und 10GW Pumpspeicher mithelfen konnten, Solarenergie in die Abendstunden zu verschieben.

Flexibilität und Vernetzung: Ohne sie hätte es geknallt

Ein weiterer Schlüssel zur Netzstabilität lag in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Da die Hitzewelle sich geografisch verlagerte – von Madrid über Paris bis nach Berlin und Warschau – konnten Interkonnektoren Strom dorthin liefern, wo er gerade am dringendsten benötigt wurde. So liessen sich die Preisspitzen zwischen Ländern ausgleichen und Engpässe entschärfen.

Ebenso wichtig: die Lastverschiebung. Verbraucher, die smarte Tarife nutzen oder Strom zwischenspeichern konnten, halfen mit, das Netz zu entlasten. Diese sogenannte „Clean Flexibility“ – also der flexible Verbrauch je nach Stromangebot – wird künftig zur zentralen Strategie gegen klimabedingte Extremereignisse.

Der Weg in die Zukunft: Hitze bleibt, Netze müssen robuster werden

Der Ember-Bericht macht klar: Die Hitzewellen werden nicht seltener – im Gegenteil. 2025 wird voraussichtlich das zweitwärmste Jahr nach 2024. Europa muss sich auf immer häufigere Extremwetterereignisse einstellen und die Strominfrastruktur entsprechend umbauen.

Empfohlene Massnahmen:

  • Mehr Speicher (Batterien & Pumpspeicher), um Solarstrom in den Abend zu bringen
  • Dynamische Stromtarife, die Lastverschiebung fördern
  • Grid-Forming-Inverter für erneuerbare „Schwarzstarts“ nach Stromausfällen
  • Realtime-Daten von dezentralen Anlagen und Speichern zur Netzsteuerung
  • Systemdienstleistungsmärkte (z.B. für Frequenzhaltung, Spannung) für Speicher und flexible Verbraucher

Fazit: Die Sonne war Europas Rettung – vorerst

Die Hitzewelle 2025 hat gezeigt, wie schnell das Stromsystem an seine Grenzen kommt. Doch sie hat auch gezeigt, dass Photovoltaik, Speicher und grenzüberschreitende Vernetzung ein robustes Fundament bilden können – wenn man sie konsequent nutzt.

Europa hat noch Zeit, sich auf die nächste Krise vorzubereiten. Aber nicht viel.

Was meinst du? Reicht das bisherige Tempo beim Ausbau der Solar- und Speicherinfrastruktur? Oder muss die Politik endlich schneller handeln? Diskutiere mit uns in den Kommentaren!

Written by
Kevin Kyburz

Geschrieben von Kevin Kyburz

Kevin Kyburz ist seit einem Jahrzehnt als Blogger unterwegs und darf seine Meinung zu aktuellen Tech-Themen auch mal im Radio oder in Tageszeitungen unterbringen. Als ehemaliger Kolumnist für eine grosse Pendlerzeitung hat er ein Gespür für technische Fragen von Lesern entwickelt und versucht diese so gut wie möglich zu klären. Wenn er nicht gerade mit Technik beschäftigt ist, widmet er sich der Natur und der Fotografie.

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