Spoiler-Alert:
Der folgende Beitrag kann Spuren von Ironie – ja sogar: Kritik enthalten. Wer meinen Blog regelmässig liesst, wird sich vielleicht fragen ob er hier richtig sei. Ja, du bist richtig! Auch wenn ich normalerweise über Dinge schreibe, die mich begeistern …
Wer mich letzte Woche auf Twitter und auf meinem Blog verfolgt hat, dürfte mitbekommen haben, dass ich – gemeinsam mit rund 80 anderen Bloggern – letzten Montag zu einem Event bei Swisscom eingeladen wurde. Eigentlich war alles hochgeheim, aber durch eine Panne bei iTunes war bereits um 11 Uhr bekannt geworden: Es ging um iO, die neue App der Swisscom
Nun bin ich a) jemand, der im und mit dem Social Web lebt und da viele Freunde hat, die ich gerne auch real treffe, ohne eine Augmented-Reality-Brille tragen zu müssen; b) ein ausgesprochen wohl erzogener junger Mann, der nicht einfach fernbleibt, wenn er sich irgendwo angemeldet hat und c) von Geburt auf neugierig. Also ging ich an dieses besagte iO-Event, genoss Bier und Chips, führte tolle Gespräche mit Leuten von Swisscom, deren PR-Agentur, Farner, und den bloggenden KollegInnen, die ich teilweise real, teilweise virtuell kenne. Ich hatte Spass, mir gefiel die neue App – und ich tat, was ich in solchen Fällen immer tue: Ich schrieb darüber. Noch schlimmer – jedenfalls aus der Sicht von Barnaby Skinner von der Sonntagszeitung: Ich bloggte! Und das erst noch begeistert! Hallo? Das geht ja wohl gar nicht! Nach 2 Bier, 67 g Chips und 0 Donuts UND einem bunten T-Shirt hätte ich das gefälligst bleiben lassen sollen. Schliesslich war ich ja jetzt – ja was denn? Gekauft? Bestochen? Ein Komplize der Swisscom? Von Farner, der PR-Agentur?
Nee, lieber Barnaby: Ich war und bleibe swissky!
Der junge Blogger, der auf seinem Blog über die Gott und die Welt schreibt, über Dinge, die mich begeistern, und Dinge, die mich ärgern. Und das tat ich auch hier: Ich schrieb über die iO App und ja, der Beitrag war sehr positiv gestimmt, da ich selten bis nie über etwas schreibe, was mir nicht gefällt oder was mich langweilt (ich bin ja kein Journi, der Pflichtartikel abliefern muss). Ich schrieb frei von der Leber weg (es waren ja nur 2 Bier!) und feuerte meine Leser, Freunde und Familienmitglieder auf die App herunterzuladen – denn wer Social Web und einige klassischen Printmedien verfolgt, weiss wie unsicher WhatsApp ist. iO scheint mir eine valable Alternative.
Ist mein Blogartikel objektiv? – Nein!
Wieso auch? Meine Blogartikel sind es nie – es sind Momentaufnahmen, wenn sich in meiner Wahrnehmung etwas ändert, schreibe ich darüber, wenn es mich begeistert. Ich schreibe weder einen Technikblog noch gebe ich vor, ein Online-Newsportal zu sein
Ist die App perfekt? – Wohl kaum!
Jeder, der eine neue App herunter lädt weiss, dass diese noch nicht perfekt ist (zumindest unter meinem bloggenden KollegInnen ist das bekannt). Mehr noch: Einige Schwächen sind mir sofort aufgefallen und kamen am Event mit den Experten zur Sprache – und so, wie ich die Jungs und Mädchen bei Swisscom Labs nun kennengelernt habe, wird es dort sicher schnell eine Verbesserung geben.
Bin ich ein Komplize der Swisscom oder deren PR-Agentur? – Wohl kaum!
Mit Bier, Chips Donuts und selbst dem tollsten T-Shirt kauft man heute keinen Blogger! Da werden ganz andere Beträge geboten für wohlwollende Artikel mit Links (die ich übrigens konsequent ablehne). Ich schreibe, wann ich will, worüber ich will, und wie ich will: begeistert oder ablehnend, wie ich es gerade empfinde. Und ja, bei einigen meiner rund 800 Follower gelte ich als Influencer – deswegen wurde ich ja ursprünglich auch an den Event eingeladen.
Welche Rolle spielen Blogger im Medienmix?
Die Diskussion ist sicher spannend – wenn auch an diesem Beispiel viel zu kurz gegriffen. Hat die Swisscom Blogger gegen Journalisten ausgespielt, wie Barnaby Skinner und andere antönen? Oder haben Swisscom und Farner vielmehr das Repertoire erweitert um Social Media Kanäle zur Verbreitung ihrer App zu nutzen? Botschaftermarketing ist ja an sich nichts Neues – das machen andere Firmen schon länger … Ich jedenfalls sehe mich einfach als neugieriger junger Mensch, der Dinge ausprobiert und darüber schreibt – nicht mehr und nicht weniger. Ich bin weder Journalist – zu objektiver und umfassender Berichterstattung verpflichtet, noch Handlanger oder Komplize derjenigen Produkte und Dienstleistungen, die mich begeistern. Diejenigen, die meine Beiträge lesen mögen, dürfen mir folgen. Wer nicht, kann mich übersehen oder wieder blocken. Von einem Tag auf den anderen … Ja, liebe Journalisten, da haben wir es nämlich schwerer als ihr: Eine Zeitung kann ich nur halbjährlich oder jährlich kündigen, wenn ich mit dem Inhalt nicht mehr einverstanden bin!
Sind Journalisten immer objektiv?
Philippe Wampfler bringt auf seinem Blog diesen interessanten Aspekt zur Diskussion: Wieso darf ein Blogger wie ich, dessen Blog per se persönlich und subjektiv ist, seine Begeisterung für eine App nicht mehr zeigen, wenn er mit deren Entwicklern zusammen ein Bier (oder zwei) getrunken hat – aber eine Zeitung wie der Blick können Seitenlang darüber werbend berichten, und das ist iO?
Fakt ist :
- Ich bin nicht mit Bier und Donuts käuflich
- Ich bin kein Technikblogger
- Ich bin kein Journalist
- Aber als Blogger und Twitterer bin ich oft schneller als die klassischen Medien
Lieber Barnaby Skinner, solltest du dich trotz allem noch für das interessieren, worum es hier wirklich ging, nämlich die neue App: Darfst mich gerne besuchen und dich mit mir darüber unterhalten. Ich serviere dir auch gerne Bier, Chips und Donuts …
soviel zur Sicherheit:
Ist halt immer schwierig wenn man Aussagen trifft ohne zu wissen ob es wirklich stimmt.
Schlimmer gehts nimmer oder warum ist hier jeder DER Experte? Der clou bei der vielgerühmten Pressefreiheit und noch viel mehr bei Bloggs in demokratischen Staaten ist ja gerade, dass jeder das schrebin darf was er will. Muss ich „gekauft“ sein wenn ich etwas gut finde, oder bin ich nur neutral wenn alles schlecht ist? Wenn die Euphorie wie in diesem Fall sooo gross ist, dann waren es entweder zu viele Bierchen (auch zwei sind manchmal eins zu viel) oder das Ding ist wirklih im Moment das Grösste. Aber keine Sorge, das Beste und Aktuellste ist spätenstens in zwei Monaten alt und nicht mehr aktuell, oder so unsicher und abghört wie alles andere vorher.
PS: Unterschied zwischen swiss-kyburz/Blick am Abend: BaA bringt wenigstens ein Mindestmass an kritischen Hinterfragen mit und beleuchtet auch negative Sachen. Zum Beispiel mit „Soviel kostet die Gratis-App wirklich“. Auch der Artikel in der BaA ist keine journalistische Meisterleistung, aber wenigstens hat er die Grundlagen eingehalten.
Ich finde Blogs super und bin auch kein Journalist. Aber dieses gesuchte „Wir Blogger sind jetzt auch wichtig, Journis haben Angst“-Mentälität ist echt zum kotzen und führt dazu, dass Blogger genau so unsympathisch werden wie die Journalisten.
Wenn man den Artikel liest, ist es eine einzige Wiederholung der Worte der PR Abteilung. Du gehst sogar noch einen Schritt weiter und machst in den Kommentaren noch ziemlich konkret Werbung dafür. Schreibst vom guten Datenschutz in der Schweiz (in der EU um einiges besser) und dies offensichtlich obwohl du kein Experte bist. Du hast Recht: Als Blogger musst Du niemanden Rechenschaft ablegen. Du musst dich aber auch nicht wundern, wenn du längerfristig nicht mehr Ernst genommen wirst, weil die Leute merken das „deine Begeisterung“ (als Antrieb für den Blog) gesteuert werden kann.
Wer bisher informiert sein wollte, war auf Journalisten und deren Zeitungen angewiesen. Dass sich dies inzwischen ändert, macht vielen Journis Angst. So gesehen verstehe ich die Reaktionen von Barnaby Skinner und Konsorten. Ihre Bedeutung und ihr Nutzen sinkt von Jahr zu Jahr.
Noch kurz zum Unterschied swiss-kyburz / Blick am Abend: Wenn ich auf einem Blog einen Artikel (zum Beispiel über Swisscom iO) lese, dann weiss ich von vornherein, dass der Artikel die persönliche Meinung des Bloggers abbildet. Was aber der Blick am Abend geboten hat, mit drei (!) Seiten purer iO-Werbung, geht gar nicht. Von einer Zeitung erwarte ich, dass sie unabhängig ist und ihr Geld über Anzeigen verdient, nicht mit gekauften Artikeln. Ich bin aber realistisch genug, um zu wissen, dass dies keine Zeitung fertig bringt. Nicht der BaA und auch nicht die NZZ.
übrigens – er nennt sich Doughnut ;)…
Wieder etwas gelernt;) Obwohl es sich so ja nicht gerade schön schreiben lässt.
Ich kannte den Blog vorher auch nicht. Nach der Lektüre der Texte über iO sehe ich den Bericht der SonntagsZeitung aber bestätigt. Ein PR-Geschwafel, wie man es sonst nur auf einer Firmen-Website findet.
Dann weiss ich wohl als was ich mich demnächst anstellen lasse;)
Ich sehe das leider nicht ganz so. Ich kannte Deinen Blog vorher nicht, aber dein Text zu iO klingt tatsächlich so, als hättest Du Dich von den Marketing-Leuten allzu stark beeinflussen lassen. Du gibst – so mein persönlicher Eindruck – genau das weiter, was Dir das Unternehmen erzählt hat. Ich bin Journalist und will nicht behaupten, dass mir so etwas nie passiert. Aber ich rede ständig mit Unternehmenssprecher und Marketingleuten und sollten Dir diese Leute einmal nicht das Gefühl geben, ihr Produkt oder ihre Leistungen sind etwas ganz besonderes, dann machen sie ihre Arbeit schlecht.
Eine lockere Atmosphäre, lockere Gespräche, Versprechungen, dieses „wir reden auf einer Augenhöhe“ – das ist geschickte, aber alltägliche PR-Arbeit. Dafür spricht auch Deine Bemerkung: „Einige Schwächen sind mir sofort aufgefallen und kamen am Event mit den Experten zur Sprache – und so, wie ich die Jungs und Mädchen bei Swisscom Labs nun kennengelernt habe, wird es dort sicher schnell eine Verbesserung geben.“
Wenn man das oft erlebt, dann gewöhnt man sich an, das alles trotz des vermittelten guten Gefühls zu hinterfragen. Ich glaube, das ist Dir nicht gelungen, jedenfalls konntest Du es nicht so weiter geben. Das hat übrigens nichts mit dem Gegensatz Journalist / Blogger zu tun, sondern – so altbacken es klingt – mit Erfahrung im Umgang mit PR-Experten.
Auch wenn Du Objektivität nicht als Ziel des Bloggens hast, so nehme ich doch an, Du möchtest Dich trotzdem nicht vor einen Karren spannen lassen?
Ich würde dir da auch zustimmen, hätte ich viel mit Marketing-Leuten geredet, doch mehrheitlich sprach ich mit den Designer oder Entwicklern der App und liess mich nur bei der Präsentation von einem Marketing-Typ die App vorstellen. (5min)
Anscheinend habe ich meinen Artikel falsch geschrieben, wenn du das Gefühl hast es sei pure Liebe, denn eigentlich war es nur das Ziel meinen Lesern zu vermitteln das es nun endlich eine WhatsApp alternative gibt, welche sogar noch aus der Schweiz kommt.
Danke für deine ehrlichen Worte, ich werde sie mir sicher zu Herzen nehmen.
Meinst du ein Auto-Journalist sei objektiv? 🙂
Ich mein gar nichts;) Mir ist es eigentlich egal solange ich nicht beschuldigt werde.
Schön zusammengefasst, für die, welche es nicht längst kapiert haben: wir werden gelesen, auch wenn wir Hobby-Schreiber sind. Was man uns auch immer anhängen will. Who cares.
Sollte jemand, der’s noch nicht ganz begriffen hat, ein Beispiel lesen wollen, welches kritisch geschrieben wurde, aber mehr als Donuts und Bier gekostet hat?
Ich wurde nämlich im April 2011 von Renault nach Paris mit einem Propellerflugzeug ab Belp nach Paris geflogen für zwei Tage, am Flughafen vom Chauffeur abgeholt, genoss ein Deluxe-Buffet mit Jazz-Konzert inklusive direktem Ausblich auf den Eiffel-Turm, übernachtete im Grand-Hotel (Übernachtung ca. 800.- pro Pers) und wurde danch wieder zurückgeflogen. Mein Fazit fiel trotz dem Luxus eher schlecht für das Bose-Soundsystem im Renault aus (https://davidblum.ch/post/4421256926/renault ). So geht das.
Danke David für deinen Kommentar. Ich sehe je mehr Donuts du bekommst, umso kritischer schreibst du 😛
Ich hoffe wir können alle diese Diskussionen abschliessen und müssen nicht noch wochenlang darüber reden wer wen oder wie bezahlt oder eben nicht und ob es immer Kritik sein muss.