Wenn Microsoft am 24. August 1995 Windows 95 veröffentlichte, begann ein neues Kapitel der PC-Geschichte: Startmenü, Taskleiste und Desktop wurden Standard. Drei Jahrzehnte später ist der Support längst eingestellt – doch auf einem Hühnerhof bei Düsseldorf läuft das System noch immer. Und zwar nicht als nostalgisches Andenken, sondern als unverzichtbare Schaltzentrale einer Eiersortiermaschine, die jeden Tag rund 40.000 Eier verarbeitet.
Schon beim Start ertönt noch immer der charakteristische Windows-95-Sound. „Wenn mal etwas hängt, starte ich neu – und dann läuft es einfach weiter. Zuverlässiger als manches moderne Programm“, sagt Landwirt Peter Huber im Gespräch mit dem WDR.
Ein Betriebssystem als Schaltzentrale
Die Anlage füllt eine Halle von 40 mal 40 Metern. Sie erfasst jedes Ei digital, sortiert es nach Gewicht, Güte und Herkunft und bereitet die Verpackung in Sechser- oder Zehnerkartons vor. Windows 95 ist dabei das Bindeglied zwischen Mechanik und Protokollierung. Ohne das alte Betriebssystem läuft nichts – weder die Sortierung noch der angeschlossene Drucker.
Eine Modernisierung wäre praktisch unmöglich: Der Entwickler der Steuerungssoftware ist seit Jahren nicht auffindbar, die Programme lassen sich nicht auf neue Systeme übertragen. Ersatzteile, die mit Windows 95 kompatibel sind, müssen heute mühsam aufgetrieben werden.
Warum ein Umstieg keine Option ist
Für Aussenstehende mag der Einsatz eines 30 Jahre alten Betriebssystems seltsam wirken. Doch für Huber ist es pure Notwendigkeit:
- Stabilität: Die Maschine läuft seit Jahrzehnten zuverlässig.
- Kosten: Eine neue Anlage, die moderne Systeme unterstützt, würde so viel kosten wie ein Einfamilienhaus.
- Isolation: Da keine Internetverbindung oder Updates nötig sind, spielt fehlender Microsoft-Support keine Rolle.
Auch andere Betriebe in Europa arbeiten noch mit solchen Maschinen. Sollte Windows 95 irgendwann endgültig ausfallen, bliebe nur die manuelle Dokumentation – ein Szenario, das die Landwirte unbedingt vermeiden wollen.
Totgesagt, aber nicht tot
Während heute Millionen PCs wegen fehlender Windows-11-Kompatibilität aussortiert werden, zeigt der Fall aus Düsseldorf: Alte Software kann manchmal die beste Wahl sein, solange sie ihre Aufgabe zuverlässig erfüllt. Für Huber jedenfalls gilt: Solange Windows 95 hochfährt und die Eier sortiert, wird nicht modernisiert – auch wenn das System offiziell längst Geschichte ist.
Was denkt ihr: Ist das der ultimative Beweis für „Never change a running system“ – oder ein riskantes Spiel mit der Technik? Diskutiert mit in den Kommentaren.