Apertus: Das erste grosse Schweizer Sprachmodell startet

Kevin Kyburz
8. September 2025
Share:

Die Schweiz hat ihr erstes eigenes KI-Sprachmodell vorgestellt: Apertus. Entwickelt von der ETH Zürich, der EPFL Lausanne und dem Supercomputerzentrum CSCS in Lugano, soll es eine offene und transparente Alternative zu US- und China-Modellen bieten. Mit diesem Schritt will die Schweiz ihre digitale Souveränität stärken – und KI für Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft breiter zugänglich machen.

Offener Ansatz statt Blackbox

Der Name Apertus bedeutet „offen“ – und genau das ist Programm. Architektur, Trainingsdaten, Gewichte und Zwischenschritte werden vollständig veröffentlicht. Damit ist Apertus das erste grosse LLM, das die Anforderungen des EU AI Act erfüllt. Während Modelle von OpenAI oder Google weitgehend undurchsichtig bleiben, setzt die Schweiz auf Nachvollziehbarkeit und Kontrolle.

Zwei Modellgrössen, trainiert in Lugano

Apertus erscheint in zwei Varianten mit 8 und 70 Milliarden Parametern. Trainiert wurde das Modell mit 15 Billionen Tokens auf mehr als 4000 GPUs des Supercomputers Alps in Lugano – aktuell der zweitleistungsstärkste Rechner Europas. Zum Vergleich: Die Leistung liegt in der Grössenordnung von Metas Llama-3-Familie, während Chinas Deepseek mit 700 Milliarden Parametern deutlich grösser ausfällt.

Besonders ist der Sprachenfokus: Apertus versteht über 1000 Sprachen, darunter auch Schweizerdeutsch und Rätoromanisch.

Einsatz in Wissenschaft und Alltag

Im Unterschied zu ChatGPT soll Apertus nicht als Endprodukt, sondern als Basis für Anwendungen dienen. Entwicklerinnen und Unternehmen können darauf eigene Systeme aufbauen – vom Chatbot bis zur Übersetzungssoftware. Erste Pilotprojekte laufen bereits:

  • am Bundesgericht für die Analyse von Urteilen,
  • an den ETHs als virtueller Tutor,
  • in der Medizin für Forschung und Diagnoseunterstützung.

Erstmals kommt Apertus auch bei den Swiss AI Weeks zum Einsatz: Über 160 Veranstaltungen in 24 Städten sollen KI sichtbar und diskutierbar machen.

Nutzung und Zugang

Das kleinere Modell kann über Hugging Face frei heruntergeladen und sogar lokal auf leistungsfähigen Notebooks betrieben werden. Das grössere Modell läuft auf spezieller Hardware, etwa auf der Swiss AI Platform von Swisscom oder über das internationale Public AI Inference Utility.

Investition in digitale Souveränität

Zwischen 50 und 100 Forschende waren beteiligt, unterstützt von Millioneninvestitionen. Der Supercomputer Alps selbst kostete 100 Millionen Franken, die Swiss AI Initiative verfügt bis 2028 über ein Budget von 20 Millionen. Ziel ist klar: Europa soll nicht allein von US- oder China-KI abhängig bleiben, sondern eigene, überprüfbare Modelle entwickeln.

Ausblick

Apertus ist zunächst ein reines Textmodell. Doch schon bald könnten multimodale Varianten folgen, die auch Bilder verarbeiten. Die Forscher betonen: Dies ist erst der Anfang – Apertus soll in den kommenden Jahren wachsen, verbessert werden und zum Fundament einer europäischen KI-Landschaft werden.

Was denkst du: Ist Apertus die Chance für echte digitale Souveränität – oder wird es schwer, mit US- und China-Giganten mitzuhalten? Diskutiere mit in den Kommentaren!

Written by
Kevin Kyburz

Geschrieben von Kevin Kyburz

Kevin Kyburz ist seit einem Jahrzehnt als Blogger unterwegs und darf seine Meinung zu aktuellen Tech-Themen auch mal im Radio oder in Tageszeitungen unterbringen. Als ehemaliger Kolumnist für eine grosse Pendlerzeitung hat er ein Gespür für technische Fragen von Lesern entwickelt und versucht diese so gut wie möglich zu klären. Wenn er nicht gerade mit Technik beschäftigt ist, widmet er sich der Natur und der Fotografie.

Alle Beiträge vom Autor

Newsletter

Abonniere unseren Newsletter und bleibe über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden.

Subscription Form
Advertise With Us
Jeden Monat besuchen uns über eine Million Unique Users, welche im Schnitt über 2,5 Minuten auf unserer Seite bleiben.
Copyright © 2010 - 2025 Techgarage.

Your Mastodon Instance