Die Schweiz gilt als Hightech-Standort, doch eine neue Analyse von Proton zeichnet ein anderes Bild: 68 Prozent der börsennotierten Unternehmen des Landes stützen sich bei zentralen IT-Diensten auf US-Anbieter. Im europäischen Vergleich liegt die Abhängigkeit sogar noch höher – bei 74 Prozent. Proton spricht von einem ernsthaften Risiko für Europas digitale Souveränität.
E-Mail als Gradmesser für digitale Abhängigkeit
Für die Studie untersuchte Proton die Mail-Exchange-Einträge von hunderten Unternehmensdomains. E-Mail-Dienste gelten als Kernbestandteil der Unternehmens-IT: Sie sind entscheidend für Kommunikation, Datenspeicherung und Mitarbeiter-Identifikation – und machen damit die Wahl des Anbieters zu einer sicherheitsrelevanten Frage.
Das Ergebnis ist eindeutig: In der Schweiz setzen 205 von 300 Firmen auf US-Dienste. Besonders hoch ist die Abhängigkeit in Branchen wie:
- Immobilien, Einzelhandel, Nahrungsmittel & Tabak – 100 %
- Technologie-Hardware & Ausrüstung – 91 %
- Gesundheitsgeräte & -dienstleistungen – 77 %
- Versorgungsunternehmen – 80 % Am unteren Ende: Banken mit nur 8 % Abhängigkeit.
Risiken für Europa
Laut Proton untergräbt die Dominanz von US-Providern Europas Fähigkeit, eigene Daten, Innovationen und strategische Interessen zu kontrollieren. Die Abhängigkeit sei ein „Single Point of Failure“ – politische Konflikte oder technische Ausfälle in den USA könnten die Betriebssicherheit europäischer Firmen gefährden.
Proton-COO Raphaël Auphan kritisiert:
„Zu lange haben wir Bequemlichkeit der Kontrolle vorgezogen und fremden Akteuren erlaubt, unsere technologische Landschaft zu bestimmen.“
Die Folge: Europa verliere Investitionen, Innovationskraft und die Möglichkeit, in Krisen technologisch autonom zu reagieren.
Proton startet „Europe First“-Initiative
Als Reaktion bietet Proton bis zum 30. September kleinen Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden seine Dienste bis zu ein Jahr kostenlos an. Für alle anderen in der Schweiz gibt es 39 % Rabatt. Das Unternehmen will so einen „EuroStack“ aufbauen – ein souveränes Technologie-Ökosystem, das europäische Werte und Datenschutzstandards widerspiegelt.
Weckruf für die Politik
Die Analyse verdeutlicht: Europas digitale Abhängigkeit ist nicht nur eine technische, sondern auch eine strategische Schwäche. Proton fordert Investitionen in lokale Technologien, Open-Source-Projekte und regionale Infrastrukturen. Nur so könne Europa seine digitale Zukunft selbst gestalten – statt sich auf US-Provider zu verlassen.
Wie schätzt du die Lage ein: Muss Europa dringend unabhängiger von US-Tech werden, oder ist die Abhängigkeit in einer globalisierten Welt unvermeidlich? Diskutier mit in den Kommentaren.