Es mehren sich immer mehr Stimmen, wonach Google das noch gar nicht verabschiedete EU-Leistungsschutzrecht bereits punktuell umsetzt.
Letzte Woche hatte der Blog «Search Engine Land» berichtet, dass Google ein Experiment durchführe, bei dem Nachrichten-Schlagzeilen auf Google ohne Fotos und ohne Überschrift angezeigt sowie Suchergebnisse zu Medien-Seiten ohne Artikel-Überschriften und ohne Vorschautexte dargestellt würden.
Auch Techgarage wurde nun Zeuge dieses Live-Tests – auf Google.de.
Blind durchs Netz
Wenn man von Google für den Test ausgewählt wird und bei der Suchmaschine nach einem bestimmten Begriff sucht, werden Online-Zeitungen und -Magazine in den Suchergebnissen nur mit dem Namen der Webpräsenz und der jeweiligen Internet-Adresse angezeigt. Die sonst angezeigten Artikel-Überschriften werden unterdrückt und die Vorschautexte zu den Suchergebnissen sind verschwunden.

Auch bei den Schlagzeilen findet sich gähnende Leere. Hier werden nur die Namen der jeweiligen Medien angezeigt; Fotos und Artikel-Überschriften fehlen.
Die Inhalte von Blogs hingegen, die bei Google News eine eigene Kategorie darstellen, werden voll angezeigt. In der zuletzt vom EU-Parlament vorgeschlagenen Version von Artikel 11 der geplanten EU-Urheberrechts-Richtlinie sollen nur Presseverlage in den Genuss des Leistungsschutzrechts kommen, worunter Blogs nach Meinung von Google – wenn man die Aktion des Suchmaschinen-Giganten richtig versteht – nicht fallen würden.
Auch in den normalen Suchergebnissen werden die gefundenen Artikel von Blogs im Vergleich zu denen der Verlags-Publikationen wie gehabt mit Vorschautext und Artikel-Überschrift angezeigt.
Verhandlungen stocken
Zwar sind die Verhandlungen zur Urheberrechtsreform auf EU-Ebene ins Stocken geraten, und eine Verabschiedung der dazugehörigen Richtlinie ist vor der Europawahl eher unwahrscheinlich. Die geplante Reform ist damit aber nicht vom Tisch.
Insbesondere Artikel 11 – also das EU-Leistungsschutzrecht für Presseverleger – ist Google ein Dorn im Auge. Denn viele Presseverlage wie Axel Springer und auch viele Journalisten-Verbände wollen mit der EU-Reform erreichen, dass Google für das Anzeigen von Ausschnitten aus Nachrichtenartikeln Lizenzgebühren zahlen muss. Dieses Geld sollen Verlage und Journalisten dann untereinander aufteilen.
Nach Informationen der EU-Parlamentarierin Julia Reda, wolle das Europäische Parlament nur «einzelne Wörter» von der Lizenzpflicht ausnehmen. Damit würde Google schon für das Anzeigen von Nachrichten-Überschriften Lizenzgebühren zahlen müssen.
Immer mehr Betroffene
Nun hat Google damit begonnen, im Live-Betrieb zu zeigen, wie Google nach den Plänen des EU-Parlaments aussehen könnte. Allerdings werden für dieses Zukunftsszenario scheinbar willkürlich einzelne Nutzer ausgewählt, wobei dies nicht nur einmal, sondern mehrfach geschehen kann. Die Berichte von Personen, die von dem Test betroffen sind, mehren sich. Man kann die derzeitige Aktion von Google auch als Warnstreik bezeichnen, der bereits zu ersten Einbussen im Traffic der Nachrichten-Seiten führen wird. Es ist nicht sehr verlockend, auf etwas zu klicken, von dem man nicht weiss, was sich dahinter verbirgt.
Derzeit gibt es nach Angaben von Google weltweit circa 80 000 Websites, die über Google News Nachrichten publizieren. Deren Anzahl, sagt ein Google-Vertreter, könne drastisch zurückgehen, wenn die EU das Leistungsschutzrecht in der Parlamentsfassung verabschieden würde.